Titel: Unsterblichkeit

Autor: Vilyana
Kategorie: Dramatisches, Nachdenkliches
Rating: ab 14
Anmerkungen: Danke an Drachenfee fürs Betalesen!
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Disclaimer: Gehört alles Tolkien.

Inhalt: Gibt keinen ;-)

Unsterblichkeit

Komm nicht zurück zu mir. Bleib, wo du bist. Warte. Warte bis zum Ende der Welt, bis zum Ende der Zeit. Hier gibt es nichts für dich.

Damals liebte ich dich, hoffnungslos, doch du zeigtest kein Interesse. Aber nun ist mein Kummer endlich überwunden, und hier gibt es nichts, was meine alte Liebe wieder entfachen könnte. Kein Herz, das du entflammen könntest, bis es verbrennt.

Ich bin hier, wo ich hingehöre, wo ich bleiben werde bis zum Ende der letzten Nacht.

Hier herrscht tiefe Dunkelheit. Es ist nicht die bloße Abwesenheit von Licht, wie das, was ihr in den jenseitigen Gefilden Nacht nennt. Es ist wirkliche Dunkelheit, Dunkelheit, die kein Licht zu durchdringen vermag, die selbst den stärksten Glanz unsterblicher Seelen verschluckt. Eine tiefe schwarze Dunkelheit, die von nichts auf dieser Welt durchdrungen werden kann..

Sprich mich nicht an. Ich höre es nicht. Kein Wort erreicht diesen Ort, kein einziger Ton. Die Stille bedrückt mich. Undurchdringlich. Hier herrscht Ruhe, seit dem Anbeginn aller Zeiten, und bestehen wird sie über das Ende der Welt hinaus.

Aber wer sollte zu den Toten sprechen? Habt keinen Kummer, trauert nicht. Nichts davon könnte uns helfen. Ich fühle nichts. Ich bin leer. Kein Schmerz, keine Verzweiflung, keine Trauer. Hier gibt es nichts. Nicht einmal Vergessen. Denn bis hierher dringt keine Erinnerung.

Mein lebloser Körper liegt an einem fernen Platz, der jenseits dieser Hallen existiert, nur meine Seele ist hier, ich. Diesen Ort gibt es nicht. Hier ist nichts. Nur Leere.

Ich war nicht verwundet, keinen Tropfen Blut habe ich vergossen, doch viele Tränen. Aber Tränen trocknen. Ich weine nicht mehr. Nie wieder wird eine Träne meine Wangen benetzen. Nie wieder wird jemand mein Herz brechen können, denn es zerbrach bereits, und hier wird es nicht heilen. Ich ließ es dort. Zwischen hohen, dunklen Bäumen in tiefen, alten Wäldern, die nur schwach die Strahlen einer glühenden Sonne hindurchschimmern lassen.

Vergiss mich. Trauere nicht. Hätte eine Liebe süßer beginnen und bitterer enden können? Dahingeschwunden im Kummer fand ich Erlösung. Wie es an einem Frühlingsmorgen in den hellen Strahlen der Morgensonne begann, so endete es im Zwielicht der Dämmerung beim letzten Fall der Blätter. Unter weißen Blumen wird mein Grab ruhen, unter Blumen, die heller blühen als andere, und die schließlich welken werden, um mein Grab unter verblühten Schneeflocken zu bedecken. Hier welkt nichts. Hier blüht nichts. Hier endet nichts, denn hier kann nichts beginnen.

Komm nicht zu mir zurück, lass mir meine Ruhe, mein Vergessen. Lass doch die Schiffe in den Westen fahren. Zu silbernen Stränden wollen sie, hinter einem blauen Ozean. Sie kennen den Westen nicht. Der Ozean ist lange nicht mehr von reinem, tiefem Blau, rot durchzogen ist er längst vom vergossenen Blut, das nur dort fließt. Hier nicht. Das ist Valinor, die andere Seite, die niemand kennt. Die leblose, nicht die unsterbliche. Die des Nichts, nicht die der Ewigkeit. Die Wahrheit, keine Illusion.

Kein Traum. Ich träume nicht. Ich weiß nicht, was ist, denn hier ist nichts. Gefallene Seelen. Ich warte nicht auf ein zweites Leben. Warum sollte ich warten? Wofür sollte ich leben?

Nie wird es etwas anderes geben als düstere, leere Mauern, Bilder, die Geschichten erzählen vom Geschehen der lebenden Welt, die tiefe, düstere Dunkelheit, die mich gefangen hält, und die laute, bebende Stille.

Vergiss mich, vergiss mich einfach. Komm nicht zu mir, folge mir nicht! Ich will in meiner Einsamkeit verweilen. Nicht dir die Augen öffnen wollte ich mit meinem Sterben, wollte sie dir nur auf immer verschließen für die Wahrheit, für deinen Tod. Mein Herz wird nicht mehr schlagen. Ich werde für immer hier verweilen. Nicht noch einmal werde ich zurückkehren zu jenen, die ich einst kannte, und die ich einst liebte.

Niemals wieder werden meine Füße grünes Gras auf weiten Wiesen berühren.
Niemals wieder werde ich das Licht der Sterne sehen.
Niemals wieder kann ein Strahl der Sonne auf meinem Haar glänzen.
Niemals wieder werde ich atmen.
Niemals wieder werde ich lieben.

Niemals. Nimmermehr.

Denn dies ist es, was Unsterblichkeit bedeutet.
Dies ist es, was ihr Unsterblichkeit nennt.

Ende

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