Titel: Visionen

Autor: Nirw
Kategorie: Allgemeines
Sprache: Deutsch

Visionen

I
Ein Schatten
Hat mich hergeführt.
Gedreht im Kreis und eins das schien
Mir klar, obschon der Geist verwirrt
Gedanken, die vorüberzieh’n.
Im Wehen des Windes, in klarer Nacht
Hier hergebracht.
Auf ewigen Schwingen
Im Reigen, im Singen
Im Mahlen der Sterne
Im Scheinen der Sonnen
Ich hab aus der Ferne
Den Kampfe gewonnen,
Im Inneren mein,
Vergessen der Schmerz
Und vergessen die Pein.

II
Zeit fließt
Und wir in ihr
Mit ihr
Durch sie hindurch
Wir wissen nicht, wie
Noch, warum oder wodurch
Und gehen wir unter
Tauchen wir nicht mehr auf
Sieh dort vorne!
Ein Wasserfall

III
Rufende Klagen
Von Wänden herab
An denen ich einst gehangen hab.
An denen ich Jahre verbracht in Sorgen
Ruhenden Hauptes auf kaltem Fels
Der Wände, so hoch, so brüchig, doch sauber
Nie eine Sonne, noch Licht, noch ein Morgen.
In der Ferne das Meer, rufend und wartend
Auf mich, den stillen Gesellen meiner
Gedanken, wo kein Leben kleiner
Bedeutungsloser, hässlicher scheint.
Blind geworden, im ewigen scharfen
Wind, der um die Felswand strich,
Ewig gerufen, nie mehr geschlafen
Bis keine Stimme mehr aus sich rief:
Erlöser, komm, erlöse mich
Der Tod, die Wiege meines Schlafes
Geboren, tot und auferstanden
Aus Asche einer Welt voll Hass,
in der uns’re Leben versanden, so dass
Mein Opfer damals war umsonst
Der Fürst dieser Welt, er muss sie hassen
Nach tausend Jahren schrei ich aus:
„Mein Gott,
Warum hast du mich verlassen?“

IV
Ein See
In Stille liegt er da
Im Winter weiß bedeckt von Eis
Friedvoll, ein Friedhof
Des toten Schilfs
Gewachsen aus dem Erdenkreis.
Hier möchte ich stehen
Mit dir allein
Die Kälte ignorieren
Umarmen, küssen,
fühlen dich
Die Wunden auskurieren.

V
Ich höre eine sanfte Stimme
Ruft meinen Namen immerfort
Will mich fassen, zu sich ziehen
Mich wärmen in der Ferne dort
Gleite ich rüber zum Paradies.
Ich fand mich wieder an einer Mauer
Aus undurchdringlicher Schwere
Ich ging entlang bis ich auf die Tore stieß
Unter Berührung zerfallen zu Erde
Über dem Bogen konnte ich lesen
Den Namen, des Ortes: Garten Eden
Die Landschaft dahinter schwarz und rot
Verbrand das Land, das Paradies tot.

VI
Meere
Trocken, aus Dürre und Staub
Fieberwahn im feuchten Sand
Dünen, Verwehungen
Aufgeschichtet
Geschaffen von allmächtiger Hand
Hier fand er seiner Seele Frieden
Der einsame Wanderer
Unter der Sonne
Der heißen Glut, der Mittagshitze
Ein Mensch wie einst ein anderer
So fragt er seinen Diener: „Ach
Wie gern ich würde weilen,
Und warten auf die kühle Nacht
Sie kommt und nimmt die Leiden mein.“
Es sei keine Nacht, so sei ihm bekannt
Im Wüstensand der ewigen Sonne
Sprach der Diener höhnisch aus
Voll Hass Rechtfertigung und Wonne.
Noch gäbe es eine Grenze
Etwas anderes als das grelle Licht
Keine Schatten, kein Dunkel
Keine feuchte Erquickung
Und der Erlöser käme nicht.
„Ach weh, vorbei, ich gar vergessen
Welch fürchterlicher Schmerz mir war
Im Lande hinter all den Toten
Meines Weges offenbar
Dort gab es einen Brunnen!“

VII
Lodernde Flammen
Gebehren Dunkelheit
Schatten verdammen
Zur Einsamkeit.
Durch die Länder ziehend
Und in mein Herz
Kalt und starr
Zersplittert das Licht
In der Dämmerung
Die Finsternis bricht
Mit der Nacht.

Leise zieh ein totes Sein
Der Existenz beraubt,
Flimmert durch den Totenschein
Leicht gelblich angehaucht.
Klagend steigt’s herab aus Wolken
Dunklen Rauchs gar jämmerlich
Verbranntes Leben, gesäte Asche
Leid brennt Wunden in die Haut
Die Pest zerstört, was aufgebaut
Die Alten sterben
Mit der Nacht.

Ein Paar
Verbindung kurzer Dauer
Geleitet still die Totenbarke
Sieht des Richters letzten Willen
Ein, ein Tierchen lauert, starke
Arme tun sich auf im Nichts
Das Sein verlischt, die Existenz
Gedrängt im Schatten
Schatten, flackernd
Tanzt den Tot
Mit der Nacht.

VIII
Ein Pfad
Beschritten von Reitersvolk
Dem Stolz beraubt, der Pferde
Mit sich bringend Verdammung und Krieg
Hinter ihnen verbrannte Erde
Kein Ende des Kampfes, kein Sieg -
So schreiten sie fort,
Stumpf ohne Gefühle
Bis in den Tod
auf dem Pfad.

IX
Wenn der Tod das Leben würgt
Und das Leben bald entschwindet
Kommt der Mensch zur Ruhe, stirbt
Sehet nur, wie es sich windet
In ihm das Leben dann verlischt
Wird der Mensch zur Ruh’ gebettet
Die Seele mit der Leere vermischt
Das Heil des Menschen wird errettet.

Zurück | Zurück zu Gedichte