Sand der Zeit



Der erste Monat

Kapitel 1: Stille vor dem Donner

Coruscant, Jedi Tempel, Ratsgemächer

Coruscant am frühen Morgen.
Jacen Solo sah sich aufmerksam um und studierte die Mienen der sechs anderen Jedi-Meister, die sich zur Zeit mit ihm in der Ratskammer des Jedi-Tempels aufhielten, alle tief in Gedanken und Meditation versunken. Er hatte mit den Jahren gelernt, selbst im scheinbar ausdruckslosesten Gesicht zu lesen und brauchte die Macht nicht, um zu erahnen, dass diese Ratssitzung noch sehr, sehr lange dauern würde. Ein Seufzen unterdrückend lehnte er sich auf seinem Stuhl zurück und schloss letztendlich doch die Augen.
/Hoffst du, deine Langeweile mit Meditation überbrücken zu können?/ erklang eine amüsierte Stimme in seinem Kopf, noch ehe er an Meditation denken konnte. Jacen zuckte innerlich zusammen, sah aus den Augenwinkeln vorsichtig nach links, zu der Gestalt, die dort saß, und er wusste nicht genau, was er von der Frage halten sollte.
/Ich langweile mich nicht, Meister/ sandte er schließlich zurück. /Ich bin... nur bereits zu einer Entscheidung gelangt und des Wartens müde./
/Natürlich langweilst du dich/ kam die heitere Antwort. /Aber pure Langeweile ist keine gute Voraussetzung für die Erforschung der Macht, Jacen. Geduld./
Obgleich die Stimme nicht mahnend klang, senkte der Angesprochene leicht den Kopf, bemerkte noch, wie ihn von links zwei eisblaue, durchdringende Augen musterten, in denen es belustigt funkelte.
/Natürlich, Sir/ erwiderte Jacen.
/Oh, so natürlich ist das nicht, mein hochgeschätzter Neffe, so natürlich ist es nicht. Glaube nicht, ich hätte meine ersten Jahre als Jedi vergessen. Von der Zeit davor ganz zu Schweigen./
Jacen unterdrückte ein Lächeln.

/Aber/ fuhr die Stimme um eine Spur ernster fort /dennoch sollte Geduld kein Problem für dich sein, Jacen, du bist ein Jedi-Meister. Ratsmeister sogar./
/Natürlich, Sir/ wiederholte er und schloss erneut die Augen /Ich habe Geduld gelernt. Doch seit einigen Tagen finde ich kaum noch Ruhe in der Macht... es ist keine Störung, aber... ein Aufmerken, vielleicht, wie die Stille vor dem Donner./
Durch das Band, das ihn mit seinem Onkel verband, fühlte er dessen Zustimmung.
/Ich habe es auch bemerkt/ folgten nachdenkliche Worte.
Jacen atmete still auf.
/Ich fürchtete bereits, ich bilde mir etwas ein/ bekannte er erleichtert.

/Jacen, nur weil ich eine Veränderung in der Macht nicht so wahrnehme wie du, muss dies noch lange nicht bedeuten, dass es keine Veränderung gibt./
/Ich wollte Euch spätestens nach dieser Sitzung davon berichten; es erspart jedoch Erklärungen, dass Ihr es auch spürt, Meister. Ich habe bereits darüber meditiert, bin aber zu keinem Ergebnis gekommen/ erklärte er rasch.
/Zu einem Ergebnis bin auch ich nicht gekommen, wohl aber zu einer Ahnung. Doch ehe du fragst - sei mir nicht böse, wenn ich werde dir vorläufig noch nicht davon erzähle. Ich muss noch einige Nachforschungen anstellen. Falls du jedoch etwas Neues erfahren solltest, gib mir sofort Bescheid/ wurde er angewiesen.
/Wie Ihr meint./

Jacen spürte, wie sein Onkel das Thema mental beiseite schob und sich wieder auf die Ratssitzung konzentrierte. Die Meister meditierten bereits seit Stunden, es war Zeit, zu einer Entscheidung zu kommen.
"Die Situation erfordert wohl überlegtes Handeln", erklang Meister Skywalkers Stimme in das Schweigen hinein. Die Jedi merkten auf, bewegten sich kurz auf ihren Stühlen, ehe wieder absolute Stille einkehrte. Die Macht pulsierte immer noch stark im Raum, nahm jedoch mehr und mehr ab, als auch der letzte Meister aus seiner Meditation zurückkehrte.
"Unsere Entscheidung muss heute noch getroffen werden."

°°°

Coruscant, wieder am frühen Morgen.
"Unsere Entscheidung muss heute noch getroffen werden - es hätte beinahe funktioniert, Meister", gähnte Jacen einen ganzen Tag später, stand auf und streckte sich. Die Ratsstühle waren zwar bequem, aber nicht bequem genug, um auf ihnen zu leben.
Die Ratskammer war beinahe verlassen - verschwunden waren vier Jedi-Meister und die Hologramme von fünf weiteren Ratsmitgliedern, die sich zur Zeit auf verschiedenen Missionen befanden. Links von ihm saß Meister Skywalker noch immer auf seinem Platz und zeigte nicht das geringste Zeichen von Unwohlsein oder Müdigkeit. Seine Frau, Mara Jade Skywalker, ging dagegen steif im Raum umher und überlegte, ob sie ihre Beine wohl je wieder spüren können würde.
"Das nächste Mal setzt du die Sitzung für zwei Tage an, Jacen", sagte sie in einem Tonfall, der Widerspruch von vorne herein ausschloss. "Sonst bin ich sicherlich nicht die Einzige, die sich langsam aber sicher überlegen wird, dich als Ratsmeister absetzen wird."
Meister Skywalker ließ ein leises Glucksen hören, was ihm einen strafenden Blick einbrachte, den er unbeeindruckt erwiderte.
"Jacen wird Ratsmeister bleiben. Er macht seine Sache hervorragend", stellte er fest.

Der so hoch Gelobte spürte leise Röte in sein Gesicht steigen. "Danke, Meister", murmelte er mit einer leichten Verbeugung. Sein Onkel lächelte und übersah die Verlegenheit seines Neffen großzügig.
"Bist du nicht in einer halben Stunde zum Training mit deinem früheren Padawan verabredet?", fragte er und zog eine Augenbraue hoch, als Jacen nur mit Mühe ein Seufzen unterdrücken konnte.
"Ja, Sir", entgegnete er, verneigte sich erneut und verließ die Ratsgemächer, während er sich mit einer Hand leicht den schmerzenden Nacken massierte und grübelte, wie er wohl die Nahkampf-Übungen unbeschadet überstehen könnte.
"Du bist leicht sadistisch veranlagt, nicht wahr?", fragte Mara Jade und ließ sich widerwillig auf ihren Platz links von ihrem Ehemann sinken, als die Türen des Lifts sich hinter dem jungen Meister geschlossen hatten.
"Wie kommst du auf den Gedanken?", fragte Luke zurück, milde überrascht.

"Du schickst Jacen zum Training nach einer vierundzwanzigstündigen Ratssitzung - die nicht die Letzte sein wird, weil du dich seit Jahren weigerst, die Position des Ratsmeisters an jemand anderen zu geben", erklärte sie grinsend.
Luke lächelte zurück. "Er hält das durch. Genauso, wie wir weitere Ratssitzungen durchhalten werden, Jade."
"Es bleibt uns wohl kaum etwas anderes übrig", kommentierte sie trocken, als die beiden sich schließlich erhoben und die Ratskammer verließen. Der breite Korridor, der sie zu den Liften führte, war geflutet vom Licht der aufgehenden Sonne. Mara Jade ertappte sich dabei, wie sich ein Lächeln auf ihr Gesicht stahl; ein Blick zur Seite zeigte ihr, dass auch Luke den Anblick des golden scheinenden Coruscants genoss und Ruhe daraus zog.

Wird fortgesetzt...

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