Sand der Zeit

Der zweite Monat

Kapitel 6: Tage wie dieser

Coruscant, Jedi Tempel, Außenanlage

Jacen Solo legte beinahe andächtig seine Hände auf die Brüstung des weitläufigen Balkons und ließ die morgendlichen Sonnenstrahlen auf sein Gesicht scheinen. Er schloss genießerisch die Augen, dankbar für den ruhigen, schönen Tagesbeginn. Der Balkon war mit verschiedenen exotischen Blumen von Yavin IV bepflanzt, ein beliebter Treffpunkt für Padawane und Meister, um zu diskutieren, was mit dem Tag anzufangen sei, ein beliebter Treffpunkt für Paare am Abend und für Freunde, um Streiche auszuhecken - leider, wie er des Öfteren zu spüren bekommen hatte. Doch heute schien alles so friedlich, wie es sein sollte. Nach einem Blick auf sein Chronometer griff er mit der Macht aus und stellte fest, dass sein verspätet kommender ehemaliger Padawan ohne Rücksicht auf Verluste im Laufschritt auf den Balkon zueilte.

"Meister Solo!", grüßte Ben, kam vor Jacen zum Stehen und deutete eine Verbeugung an. Er sah ihn mit einem Blick an, der eine Mischung aus Mitleid, Schrecken und leiser Schadenfreude vermittelte.
"Ben, was ist los?", fragte der Meister stirnrunzelnd.
"Ich..."
"Jacen Solo."

Jacen erblasste sichtlich, als er an Ben vorbei blickte. Der junge Skywalker spürte, wie sein Cousin sich mit Hilfe der Macht zu beruhigen versuchte, aber kläglich scheiterte. Er konnte ihn verstehen. Der Tonfall verhieß irgendetwas zwischen einem galaktischen Krieg und dem Untergang des Universums.
/Ich wollte Euch eigentlich warnen, ohne dass sie es bemerkt, aber sie hat mich blockiert.../ sandte er leise und bemerkte sofort, wie er mit einem argwöhnischen Blick bedacht wurde.

Um sie herum versuchten Jedi-Ritter und einige Meister mit ihren Padawanen möglichst unbeteiligt zu wirken, so, als wären sie viel zu tief in ihre Gespräche versunken, um irgend etwas zu bemerken, obgleich ihre mitleidige Neugier fast physisch zu spüren war.
Mara Jade Skywalker stand breitbeinig in der Tür, die Hände in die Hüften gestemmt und ein mordlustiges kaltes Glitzern in den Augen. Jacens Gesichtsfarbe bewegte sich weiterhin in einem ungesunden Bereich, aber nach einigen Anläufen fand er zumindest seine Stimme wieder.
"Meister Jade Skywalker."
"Ich weiß, wie ich heiße", fauchte Bens Mutter.
Jacen nickte vorsichtig. "Und was...", begann er fragend, kam jedoch nicht dazu, den Satz zu beenden.

"Kannst du mir erklären, oh hochgeschätzter Neffe", fragte Mara Jade zuckersüß, "kannst du mir erklären, warum ich gestern rein zufällig von meinem Mann erfahren musste, dass er den ganzen Abend bei deiner Mutter zugebracht hat - ohne dass du etwas davon wusstest, geschweige denn, ihn begleitet hast?"
Jacen starrte sie Augenblicke lang an, bevor er das, was sie soeben gesagt hatte, begriff. "Was...?"
"Du hast genau verstanden, was ich gesagt habe!", sagte sie etwas lauter und trat einen Schritt vor. Ben bemerkte, dass der Meister einiges an Selbstbeherrschung aufbringen musste, um nicht zurückzuweichen, obgleich die beiden mehrere Schrittlängen trennten.
"Meister Jade Skywalker, ich wusste nicht, dass..."

"Das will ich für dich hoffen. Wenn du es gewusst und ihn trotzdem nicht begleitet hättest, wärst du jetzt in Schwierigkeiten."
Jacen war der festen Überzeugung, dass die Situation, in der er im Moment steckte, durchaus die Bezeichnung ‚Schwierigkeit' verdiente, blieb aber wohlweislich stumm und ließ seine Tante fortfahren.
"Du hast nicht im Ernst erwartet, dass Luke sich freiwillig von euch begleiten lassen würde, oder? - Wenn du es noch einmal zulässt, dass er sich ohne Begleitung hinausschleicht, bist du geliefert, zusammen mit Corran", drohte Mara. "Und mir ist es egal, was Luke davon hält."

Ben beobachtete, wie Jacen hastig nickte und bei sich dachte, dass er wohl besser nicht darauf hinweisen sollte, dass Meister Skywalker Corran und ihm mit Leichtigkeit ausweichen könnte, wenn er es wirklich wollte.
Jacen hatte das Gefühl, um eine volle Handbreite zu schrumpfen, während er von Mara Jade noch einige Sekunden lang gemustert wurde. Sie war offensichtlich nicht zufrieden mit seiner Reaktion, schien es jedoch dabei belassen zu wollen, denn sie drehte sich auf dem Absatz um und verschwand wieder im Innern des Tempels.

Auf der Terrasse atmete ein gutes Dutzend Jedi erleichtert aus.

°°°

Coruscant, Jedi Tempel, Trainingsräume

Luke fühlte einen schweren Anflug von Schuldgefühlen in sich aufsteigen und seufzte. Bereits Augenblicke, nachdem Corran ihn am Abend zuvor verlassen hatte, hatte er seine abweisenden Worte bereut.
Eigentlich sah er die Notwendigkeit der Maßnahmen auch ein - zum Wohle des Ordens. Und eigentlich sollte er dazu in der Lage sein, das Wohl des Ordens über sein eigenes zu stellen.

Er seufzte erneut, ließ sich gegen die Wand neben ihm sinken und schloss die Augen. Ob er es sich eingestehen wollte oder nicht, das Rätsel - das Aufmerken der Macht, diese kleinen Veränderungen, all diese Puzzelteile - beeinflusste ihn tief, ließ ihn nicht los. Leise Hilflosigkeit drohte sich in ihm breit zu machen, denn was er auch tat, er kam nicht vorwärts.
Er hatte nicht nachgedacht an diesem Abend, hatte Jacen seine ohnehin schon schwere Aufgabe noch schwerer gemacht. Es war an der Zeit für Entschuldigungen.

Mara hatte das Thema an diesem Morgen nicht mehr angeschnitten, doch er hatte gespürt, wie sie es mit sich herumgetragen hatte, und jetzt, im Nachhinein, dachte er sich, dass er es hätte wissen müssen. Sie hatte ihn schon ausreichend zusammengestaucht dafür, dass er sich aus dem Tempel geschlichen hatte, nun war Jacen dafür zur Verantwortung gezogen worden, dass er es ungewollt zugelassen hatte.

"Meister?", fragte Jacen leise hinter ihm, ein besorgtes Stirnrunzeln auf dem Gesicht tragend, den Kopf respektvoll geneigt.
Luke lächelte. Er war so tief in seinem Selbstmitleid versunken gewesen, dass er die starke Machtpräsenz des jungen Meisters nicht bemerkt hatte, als sie näher gekommen war.
/Ich werde wirklich alt/ dachte er und spürte im selben Moment, wie sich ein ganz bestimmter Teil seines Geistes regte. /Mara, du hast doch nicht etwa gelauscht?/
/Vielleicht eher zu wenig Schlaf, Bauernjunge/ warf seine Frau trocken ein, nicht mehr versteckend, dass sie durch die Macht die ganze Zeit lang zugehört hatte. /Und wie kommst du bloß auf diese Idee?/
/Nur so ein Gefühl./

"Jacen." Luke bedeutete ihm mit einer Geste, näher zu treten, und musterte ihn kurz, berührte dann seinen Geist vorsichtig mit dem eigenen. Sein Neffe senkte ohne Zögern seine mentalen Schilde, ließ ihn Einblick gewähren in seine Gefühle und Gedanken - für Luke ein Zeichen des höchsten Vertrauens. Was er fühlte, überraschte ihn wenig, ähnelte es doch seinem eigenen Gemütszustand. Er zog sich aus dem Geist seines Gegenübers zurück und lachte leise.
"Da stehen wir zwei nun", meinte er leise, den fragenden Blick ignorierend, und wurde ernster. "Jacen, ich möchte mich bei dir dafür entschuldigen, dass ich dich in Schwierigkeiten gebracht habe. Es war gedankenlos von mir."

Sein Neffe wirkte kurz überrascht, dann verlegen, und schüttelte den Kopf.
"Nein, ich verstehe Euch vollkommen", erwiderte er. "Ich stand so lange Jahre meines Lebens unter dem Schutz verschiedener Leute... ich weiß, wie unerträglich es werden kann. Es dauert, bis man sich daran gewöhnt, Meister."
Er lächelte, ein Lächeln, das er direkt von seinem Vater geerbt zu haben schien.
"Ich hätte daran denken müssen und dafür möchte ich mich entschuldigen. Es ist meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Ihr Euch daran gewöhnt - laut Tante Mara ist es gleichgültig, was Ihr davon haltet. Um es in anderen Worten zu sagen: Ihr werdet mich so schnell nicht mehr los werden."

Luke grinste.
Die Tatsache, dass Jacen seine Tante nicht bei ihrem Titel nannte, zeigte ihm deutlich, dass er sich die Zurechtweisung durch sie zwar zu Herzen nahm, sich davon aber nicht verunsichern ließ. /Hat der mich tatsächlich "Tante Mara" genannt? Wer ist er und was hat er mit meinem Neffen gemacht?/ fragte seine Frau mit gespieltem Entsetzen.
/Ja, hat er/ dachte Luke zurück. /Und du lauschst immer noch?/
/Ich hätte ihn nicht so anfahren sollen, ich weiß, dass er dich niemals wissentlich in Gefahr bringen würde/ gab Mara mit dem geistigen Äquivalent eines Zähneknirschens zu.
/Er hat mich nicht in Gefahr gebracht, Jade./
/Du weißt, was ich meine./
/In der Tat./
/Immer das letzte Wort, nicht wahr?/
/Natürlich/ beendete Luke gut gelaunt den kurzen Schlagabtausch.

Er bemerkte das amüsierte Funkeln in den Augen Jacens, als er diesem wieder seine Aufmerksamkeit zuwandte.
"Sie ist nicht wirklich böse mit dir", erklärte er knapp.
"Ich weiß", erwiderte Jacen seufzend. "Aber sie hat Recht. Ich..."
"Genug davon", schnitt er ihm das Wort ab. "Sprechen wir nicht mehr darüber, lass uns lieber trainieren."
"Wie Ihr meint."
Luke nickte, löste sich endlich von der Wand und legte den schwarzbraunen Mantel ab, den er über einer kurzen hellen Tunika trug, ehe er sein Lichtschwert vom Gürtel nahm.

Zwei Stunden später gelang es ihm in letzter Sekunde, Jacen nicht die Hand abzuschlagen, als dieser plötzlich mitten im Kampf innehielt.
"Jacen!"
Sein Neffe ignorierte den scharfen Tonfall des Meisters, legte den Kopf schief und starrte weiterhin mit großen Augen auf einen Punkt über Lukes rechter Schulter.
"Sollte sich diese Strebe so durchbiegen?"
"Wie bitte?"
Luke drehte sich verdutzt um und folgte Jacens Blick zu einem der Balken, die die hohe, leicht gewölbte Decke des Trainingsraums stützten. Er war in einem solchem Maße verbogen, dass es aussah, als wäre er aus Gummi - und noch während die beiden Jedi zusahen, schien es, als würde er zu Staub zerfallen.
Disharmonie sang in der Macht.

"Jacen?"
"Meister?"
"Was befindet sich über dieser Decke?"
"Unsere planetare Kommunikationsanlage, soweit ich weiß."
"Wir sollten Alarm schlagen, dass Einsturzgefahr besteht."
"Meister, wir haben einen Alarm für alles vom imperialen Großangriff über eine Invasion Dunkler Jedi bis zur Überschwemmungsgefahr - warum, weiß ich nicht - aber es gibt kein Notsignal für ‚Unser Tempel löst sich in Luft auf'."
Jacen musterte die mittlerweile nur noch zur Hälfte vorhandene Strebe. "Wir könnten ein neues Signal einführen und mit ‚Was zur Hölle ist hier los?' betiteln."
"Treffend. Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich glaube, wir sollten hier verschwinden, bevor..."

Die beiden Jedi katapultierten sich mit Hilfe der Macht mehrere Dutzend Meter in Richtung des Ausgangs, just in dem Moment, in dem der Balken verschwand und der Raum sich plötzlich zur Hälfte unter freiem Himmel befand.
"... die Decke einbricht", beendete Luke den Satz und klopfte sich den Staub von der Kleidung.
"Der Rest des Raums ist stabil", murmelte Jacen, nachdem er die Deckenstruktur mit der Macht inspiziert hatte. "Es war nur dieser eine Balken... Meister? Was zur Hölle ist hier los?"
Luke hatte den Staub auf den Boden abgesenkt, so dass die beiden nun das ganze Ausmaß des Schadens begutachten konnten.
"Du vermutest einen weiteren Anschlag?", fragte er seinen Neffen.
"Das wäre das erste Mal, dass sie es wagen, unseren Tempel anzugreifen, aber ich wüsste sonst keinen Grund, warum massiver Permabeton anfangen sollte, zu Staub zu zerfallen."

"Erkundige dich, ob es möglich ist, so etwas herbeizuführen - nachdem du überprüft hast, ob etwas ähnliches noch woanders im Tempel der Fall ist..." Luke zögerte. "Dieser Balken wurde nicht für den Bau des Tempels hergestellt, sondern wiederverwendet. Ich glaube, er stammt aus einer Villa im Gebirge. Vielleicht war es einfach nur Materialschwäche."
Jacens Blick zeigte deutlich, was er von dieser Theorie hielt.
Der jüngere Meister wandte sich zu den Jedi um, die, aufgeschreckt durch den Lärm, in den Raum geeilt waren, und begann, die Überprüfung des Tempels zu organisieren.

°°°

Coruscant, Jedi Tempel, Große Halle

"Hast du Corran heute gesehen?"
"Nein, aber ich habe mit Mirax gesprochen. Er ist wohl mit Wedge unterwegs, sie wusste auch nicht, was genau da läuft", erwiderte Mara abwesend und sah von ihrem Teller auf. Luke setzte sich mit seinem eigenen Tablett zu ihr, die kurzen Haare noch feucht und umgekleidet in seine üblichen langen, dunklen Roben. "Hat Jacen schon etwas herausgefunden?"
"Nein", antwortete er sichtlich unzufrieden, aber ebenso gedankenverloren wie sie, während er ziellos mit der Gabel auf seinem Teller herumstocherte, bevor er sich zusammenriss und zu essen begann.

"So schlimm?"
"Was meinst du?"
"Dein Streit mit Corran. Es nimmt dich mit, Skywalker."
Luke überlegte kurz und lehnte sich zurück.
"Von Streit kann keine Rede sein", erklärte er langsam. "Aber ich will mich trotzdem bei ihm entschuldigen. Ich habe es so klingen lassen, als wäre er allein für alles verantwortlich."
Mara Jade legte resolut ihr Besteck beiseite und langte mit einer Hand über den Tisch, um sie ihrem Ehemann sacht auf den Arm zu legen.
"Luke", begann sie in einem Ton, der ihm nur allzu deutlich machte, dass er wieder einmal etwas gesagt hatte, das typisch für ihn war. "Er wird wissen, dass du es nicht so gemeint hast. Aber wenn du unbedingt mit ihm sprechen willst, dann bitte ihn gleich, dich nächsten Monat in den Senat zu begleiten. Mit ihm wird der Besuch dort sicherlich erträglicher für dich", riet sie mit einem Grinsen.

"Wie Recht du hast."
"Das ist nicht weiter unüblich."
"Mara..."
"Ärger mich nicht, Skywalker, oder ich werde anfangen, das Geheimnis aus dir herauszukitzeln, das du vor mir hast", drohte sie halb scherzhaft.
Luke blinzelte überrascht und legte seine Hand auf die ihre. "Geheimnis?", fragte er verwirrt und sah in Maras grüne Augen auf der Suche nach einem Anzeichen für Verstimmtheit ihm gegenüber.
Sie nickte jedoch nur.

"Du hast irgendein Geheimnis vor mir, Bauernjunge. Ich weiß nicht, was es ist, und ich werde auch nicht weiter fragen, aber ich weiß, dass es wichtig ist... Nein, Luke", meinte sie, als er sich rechtfertigen wollte. "Wenn du es mir nicht verraten willst, wirst du deine Gründe haben. Nur eines - wenn einer dieser Gründe dein furchtbarer Beschützerinstinkt ist, rück besser gleich damit raus."
Er musterte sie sekundenlang. "Das ist es nicht."
Sie nickte, löste ihre Hand von ihm und lehnte sich zurück.
"Dann belasse ich es dabei. Vorerst. Aber auch nur, weil ich Wichtigeres zu tun habe", stellte sie rasch fest.
Luke lachte leise.
"Sag nicht, du hast Angst, weich zu werden auf deine alt... uhm, erfahreneren Tage?"
Sie schenkte ihm ein sardonisches Grinsen. "Gerade noch gerettet, Skywalker."

Beide drehten gleichzeitig ihren Kopf, als sie ein leises Lachen zwischen ihren Schläfen hörten. Sein leeres Tablett auf drei Fingern balancierend, schlängelte sich Ben zwischen mäßig besetzten Tischen bis zu seinen Eltern durch, die an einem Tisch etwas abseits saßen.
"Mutter, Meister", grüßte er und deutete eine Verbeugung an, ehe er sich auf einen Wink Maras hin auf einen leeren Platz gleiten ließ und das Tablett geräuschlos abstellte.
Mara sah ihn argwöhnisch an. "Warum so gut gelaunt, Ben?", fragte sie misstrauisch. Der unschuldige Blick, den ihr Sohn zurückschickte, täuschte sie und Luke schon lange Jahre nicht mehr.
"Darf ich nicht einfach gute Laune haben, ohne einen Grund?", erkundigte er sich, wohl wissend, dass er seinen Eltern nichts vormachen konnte.
Die beiden wechselten einen vielsagenden Blick.
"Nein", meinten sie gleichzeitig.

Luke lachte leise und schüttelte den Kopf, sich endlich auf seine Mahlzeit konzentrierend, während Mara ihren Sohn musterte. Er verbarg etwas, hatte wahrscheinlich wieder beobachtet, wie einige der Padawane irgend etwas mit gemeinsamen Freunden ausheckten. Er selbst beteiligte sich nur selten an diesen Späßen, erwartete ihn am Ende doch immer der größte Ärger. "Was haben sie nun schon wieder geplant?", überlegte sie stirnrunzelnd; als Ben den Mund öffnete, meinte sie jedoch hastig: "Nein, ich glaube, das willl ich gar nicht wissen."

"Wie du meinst", kommentierte Ben, schnappte sich zwei Süßigkeiten vom Tablett seines Vaters und schickte sich an, zu gehen.
"Wie, das war alles? Keine Fragen oder Erzählungen über deinen Tag?" Luke setzte einen gespielt ernsten und leicht beleidigten Tonfall auf.
"Tut mir ganz ehrlich leid, aber ich muss noch mal zu Cilghal", bemerkte sein Sohn, für einen Moment überrascht, sich dann umsehend und im Laufschritt verschwindend.

Seine Eltern sahen sich an, beide mit fragend gewölbten Augenbrauen.
"Cilghal?", wiederholte Mara.
"Der Krankenflügel scheint sich zu einem beliebten Versteck zu entwickeln", überlegte Luke.
"Versteck? Vor wem?"
Ihr Ehemann winkte jemandem hinter ihrem Rücken, näher zu treten.
"Verzeihung, Meister Skywalker, Meister Jade Skywalker", grüßte Jacen in diesem Augenblick.

/Beantwortet das deine Frage?/ sandte Luke.
"Ja, Jacen?", fragte er und fuhr fort, ohne eine Antwort abzuwarten. "Glaubst du, Ben weiß, wer es war - was auch immer es war?"
Jacens Gesicht blieb ruhig und kontrolliert, aber Mara und Luke spürten Überraschung durch die Macht von ihm kommen. "Ihr wusstet davon? - Er schirmt sich zu gut ab, ich kann ihn nicht finden, um ihn zur Rede zu stellen."
"Was haben sie angestellt?", fragte Mara seufzend und erinnerte sich an das üble Gefühl, das sie sofort gehabt hatte, als Ben zu ihnen gekommen war.

Ihr Neffe zuckte mit den Schultern und trat unruhig von einem Bein auf das andere, ehe er sich dieser Bewegung bewusst wurde und sich räusperte. "Uhm... nichts wirklich Wichtiges, ich dachte nur... in Ordnung, in Ordnung", fuhr er hastig auf Maras Blick hin fort. "Sie scheinen eine Kommstation und einen der Computer in der Bibliothek umprogrammiert zu haben... erstere wählt immer nur diese Bar zwei Straßen weiter an, die sie gar nicht kennen dürften - der Besitzer ist drauf und dran allen Jedi Hausverbot zu erteilen - und letzterer gibt als Suchergebnis immer nur ein Kochrezept für Nerf-Steaks aus. Ben stand wohl daneben und hat zugesehen, beziehungsweise Tipps gegeben."
Luke und Mara sahen sich an, beide nur mit Mühe fähig, ein Lachen zu unterdrücken, obgleich Falten auf Maras Stirn entstanden.

Luke schüttelte belustigt den Kopf. "Sieh es als Kompliment an, dass er gut genug ist, um sich vor dir zu verstecken. Er wird dir nicht ewig aus dem Weg gehen können... aber du solltest ihn auch nicht ständig dazu bringen wollen, seine Freunde zu verraten, Jacen." Mit diesen Worten stand er auf und schickte sich an, sein Tablett wegzubringen.
Mara sah ihm sekundenlang hinterher, ehe sie sich ihrem Neffen zuwandte, der, ein entnervtes Seufzen unterdrückend, immer noch regungslos auf der Stelle stand.
"Du warst genauso schlimm, als du in Bens Alter warst, weißt du", stellte sie fest und begutachtete missmutig ihr kalt gewordenes Essen.
Jacen nickte nur.
"Ich kümmere mich morgen darum. Für heute gab es genug Aufregung. Ich hoffe nur, dass..."

"Meister Solo!", erschallte in diesem Moment eine aufgeregte Stimme. Schlitternd kam seine Tochter Allana neben ihm zum Stehen, verbeugte sich und reichte ihm ein Datenpad. "Eine Nachricht aus dem Senat. Die Reparaturen am Tempel können nicht finanziert werden, solange die Ursache nicht gefunden ist. Sie wollen einen vorläufigen Bericht haben und eine Untersuchungskommission schicken, um herauszufinden, ob es nicht doch ein Anschlag war."
Das dunkelhaarige Mädchen sauste weiter in die Richtung, in der die anderen Padawane gerade das Abendessen vernichteten.
Jacen warf einen fast angewiderten Blick auf den Screen und seufzte dieses Mal hörbar. "Es ist zu spät, um für heute Urlaub einzureichen, nicht wahr?"

Wird fortgesetzt...

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